Station 11

Kämpfe, Krisen, Einmarsch

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Unser Rundgang zeigte uns bisher das Leben im Bezirk Plan-Weseritz im Egerland vor 1938. Ein bäuerlich geprägter Landstrich, in dem die Menschen nicht viel anders lebten als in der Oberpfalz. In den 1930er Jahren rückte das sogenannte Sudetenland in den Blick der Weltöffentlichkeit. Hitler, seit 1933 an der Macht im Deutschen Reich, schürte bewusst den Nationalitätenkonflikt in der Tschechoslowakei.

„Ich habe in meiner Rede vom 22. Februar vor dem deutschen Reichstag erklärt, dass das Reich eine weitere Unterdrückung und Verfolgung dieser 3,5 Millionen Deutschen nicht mehr hinnehmen wird und ich bitte die ausländischen Staatsmänner überzeugt zu sein, dass es sich hier um keine Phrase handelt.“

Wir erinnern uns: Seit 1918 gehörte auch der Bezirk Plan-Weseritz zur Tschechoslowakei. Im Nationalstaat der Tschechen und Slowaken lebten Ungarn, Ruthenen, Polen. Die größte Minderheit waren mit über drei Millionen die Deutschen. Sie lebten überwiegend in den Randgebieten, für die sich nun der Begriff „Sudetenland“ etablierte.

„The Czechoslovaks and the Germans in Czechoslovakia are mature factors in European culture…“

Vor allem in den Anfangsjahren der Tschechoslowakei gab es Konflikte. Mit ihrer Minderheitenpolitik versuchte die Regierung in Prag gegenzusteuern. Auch dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung entspannte sich die Lage im Laufe der Zeit. Ende der 1920er Jahre schien das Zusammenleben der verschiedenen Nationen in der Tschechoslowakei möglich. Ingrid Leser:

„Mein Großvater hatte kein Problem mit den Tschechen. Ich bin mit denen groß geworden, sagte er. ‚Des san Leit wäj mir allzam‘. Er sprach selbst gut tschechisch. Den Begriff Sudetendeutsche verwendete er nicht. Er sagte immer, ich bin kein Sudetendeutscher. Ich bin ein Deutschböhme.“

Böhmen, das konnten Deutsche oder Tschechen sein. Der neue Begriff der „Sudetendeutschen“ betonte die Nationalität. Hitlers Parole „Heim ins Reich“ fiel nach der Weltwirtschaftskrise 1929 auf fruchtbaren Boden. Mit Jubel begrüßten die Deutschen in der Tschechoslowakei das „Münchner Abkommen“: Im September 1938 gaben Großbritannien und Frankreich dem Druck von Nazi-Deutschland nach, um einen Krieg zu vermeiden. Die Tschechoslowakei musste ihre deutsch besiedelten Randgebiete abtreten.