1938 bis 1945
Die Mehrheit der Deutschen im Sudetenland war begeistert von der Angliederung ans Deutsche Reich.
„Meine Mutter hat es ja später zugegeben, dass sie in Plan war, als die deutschen Soldaten kamen und dass sie ‚die Hand gehoben hat‘ – also zum Hitlergruß. Aber sie sagte auch, sobald es die ersten Toten gab, haben wir angefangen nachzudenken.“
Die ersten Toten gab es bald. In den Jahren 1938 bis 1945 ging es Schlag auf Schlag. Wenige Monate nachdem das Sudetenland an das Deutsche Reich fiel, marschierte Hitler 1939 auch im Landesinneren ein. Er verwirklichte damit seinen Plan zur „Zerschlagung der Rest-Tschechei“. Die tschechoslowakische Regierung musste ins Ausland fliehen.
Wie im gesamten deutschen Reich mussten auch die Männer im Bezirk Plan-Weseritz als Soldaten in den Krieg. Die Bilder an der Fensterseite zeigen Menschen aus Plan-Weseritz, die im Zweiten Weltkrieg starben.
Für die jüdische Bevölkerung in Böhmen begann die Verfolgung unmittelbar nach dem Münchner Abkommen. Johanna Gutwillig – ihr Porträt sehen wir auf der Stellwand links – floh 1939 aus Weseritz. 1942 wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie starb im Vernichtungslager Maly Trostinez. Bis 1945 wurden über 80.000 Juden aus Böhmen und Mähren Opfer des Holocaust.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 mussten hunderttausende Tschechen Zwangsarbeit leisten. Politische Gegner wurden inhaftiert, zehntausende Menschen starben in Gefängnissen und Konzentrationslagern.
Schon 1942 beschloss die tschechoslowakische Exilregierung in London die Vertreibung der deutschen Bevölkerung nach dem Krieg. Als Nazi-Deutschland 1945 kapitulierte, war vielen Deutschen in der Tschechoslowakei bereits klar, dass sie gehen müssen. Auch Ingrid Lesers Mutter Hildegard:
„Meine Mutter ist schon vor der Vertreibung über die Grenze. Mein Großvater wurde 1945 gewarnt, dass die Rote Armee deutsche Frauen zur Zwangsarbeit verschleppen würde. Daraufhin ging meine Mutter mit ihrer Cousine heimlich über die Grenze nach Tirschenreuth.“
Unmittelbar nach dem Krieg begann die „wilde Vertreibung“ von Deutschen aus der Tschechoslowakei. Dabei kam es auch zu Massakern und Racheakten. Ab 1946 folgte die organisierte Aussiedlung auf Anordnung der tschechoslowakischen Regierung. Gekennzeichnet mit weißen Armbinden mussten die Deutschen über Sammellager in den Westen ausreisen. Bis 1947 wurden etwa drei Millionen Menschen aus der Tschechoslowakei ausgesiedelt.